Waldkindergärten sind Kindergärten, bei denen die Kinder die meiste Zeit draußen verbringen. Sie sind im Wald unterwegs und haben einen Bauwagen oder eine Hütte als Unterschlupf für ganz schlechtes Wetter.

Das Waldkindergarten-Konzept stammt ursprünglich aus Dänemark und verbreitete sich von dort rasch nach Deutschland. In den meisten mittelgroßen Städten in Deutschland gibt es inzwischen mindestens einen Waldkindergarten. Insgesamt sind es in Deutschland derzeit über 2.000, Tendenz steigend.

Bei Waldkindergärten denken viele Außenstehende an Hippies in Birkenstock-Sandalen und New-Age Anhänger. Aber weit gefehlt. Die meisten Familien im Waldkindergarten sind ganz normal, vielleicht etwas umweltbewusster und naturverbundener als der Durchschnitt der Bevölkerung, aber in keiner Weise extrem oder exzentrisch.

Waldkindergarten

Ein typischer Tag

Wie läuft ein typischer Tag im Waldkindergarten ab? Ich kann aus zwei verschiedenen Waldkindergärten berichten, da wir zwischendurch in eine andere Stadt umgezogen sind und deshalb den Kindergarten wechseln mussten.

Zu Beginn des Kindergartentages können die Kinder auf dem Gelände des Bauwagens oder der Hütte selbständig spielen. Danach gibt es eine Morgenrunde (oder einen Morgenkreis) wo die Kinder abstimmen, zu welchem der Waldplätze sie heute gehen wollen. Diese Plätze im Wald liegen ungefähr 600 – 900 m vom Bauwagen entfernt und haben fantasievolle Namen, wie z.B. Zirkusplatz, Dinosaurier-Platz oder Sonnenwiese.

Auf dem Weg dorthin ziehen die Erzieherinnen (oder Erzieher natürlich) einen großen Bollerwagen, auf dem die Rucksäcke der Kinder transportiert werden. Die Kinder gehen zu Fuß, aber damit niemand zurückfällt, wird bei bestimmten Punkten – sogenannten “Haltestellen” – auf die langsameren Kinder gewartet.

Am Waldplatz angekommen, können die Kinder direkt mit dem Spielen beginnen. Manchmal haben die Erzieherinnen etwas vorbereitet, das sie mit den Kindern unternehmen möchten, wie z.B. Schnitzen, Äpfel sammeln oder bestimmte Tiere beobachten.

Irgendwann gibt es dann eine Vesperpause. Alle Kinder setzen sich auf eine große Picknickdecke und essen gemeinsam ihr mitgebrachtes Vesper. Nach dem Vesper spielen die Kinder weiter, bis etwa um 12:00 Uhr der Rückmarsch angetreten wird. Zwischen 12:30 und 13:30 Uhr (je nach Kindergarten) können die Kinder dann wieder beim Bauwagen (bzw. der Hütte) abgeholt werden.

Waldkindergarten

Am Waldplatz angekommen, können die Kinder direkt mit dem Spielen beginnen. Manchmal haben die Erzieherinnen etwas vorbereitet, das sie mit den Kindern unternehmen möchten, wie z.B. Schnitzen, Äpfel sammeln oder bestimmte Tiere beobachten.

Und was, wenn es regnet?

Die Erzieherinnen checken morgens die Wettervorhersage. Leichter Regen ist kein Problem, aber bei Gewitter, Sturm oder Starkregen geht die Gruppe nicht in den Wald. Entweder bleiben sie dann beim Bauwagen und beschäftigen sich dort (Basteln, Vorlesen, Brettspiele) oder sie machen einen Ausflug mit dem Bus in die Stadt (z.B. zur Stadtbücherei).

Ich finde es sehr sinnvoll, den Kindern zu vermitteln, dass man auch bei vermeintlich schlechtem Wetter draußen Spaß haben kann. Wir leben nunmal in einem Teil der Welt, in dem es jeden Monat mehrere Regentage gibt. Es wäre schade, diese Tage nur drinnen zu verbringen, aus Angst vor ein paar Wassertropfen. Vor allem, weil es inzwischen hervorragende Regenkleidung für Kinder jeden Alters gibt.

Irgendwann gibt es dann eine Vesperpause. Alle Kinder setzen sich auf eine große Picknickdecke und essen gemeinsam ihr mitgebrachtes Vesper. Nach dem Vesper spielen die Kinder weiter, bis etwa um 12:00 Uhr der Rückmarsch angetreten wird. Zwischen 12:30 und 13:30 Uhr (je nach Kindergarten) können die Kinder dann wieder beim Bauwagen (bzw. der Hütte) abgeholt werden.

Vorteile

In beiden Waldkindergärten, die ich kennenlernen durfte, sind mir diese Vorteile aufgefallen:

1. Die Atmosphäre ist deutlich ruhiger als in normalen Indoor-Kindergärten. Der Wald an sich ist ja ein ruhiger Ort, und diese Ruhe überträgt sich auf die Kinder. Es wird weniger gebrüllt und geschrien, der Geräuschpegel ist angenehm niedrig. Dadurch sind die Erzieherinnen und die Kinder viel entspannter.

2. Es gibt deutlich weniger bzw. seltener Krankheiten, zum einen weil die Viren und Bakterien es draußen schwerer haben, von einem Kind zum nächsten überzuspringen, zum anderen, weil die Bewegung an der frischen Luft das Immunsystem stärkt. Die immergleichen Klassiker, die in normalen Kindergärten reihum gehen – also z.B. Hand-Mund-Fuß, Magen-Darm und Kopfläuse – findet man im Waldkindergarten äußerst selten. Der Vorteil für das Immunsystem wirkt übrigens noch eine ganze Weile nach – auch in der Schulzeit sind die Kinder dann viel weniger anfällig für die üblichen Infektionskrankheiten.

3. Die Kinder bewegen sich genug und sind körperlich ausgelastet. Kinder haben ja sehr viel Energie und im Indoor-Kindergarten verbrauchen sie zu wenig davon. Das führt dazu, dass sie dann abends nicht müde sind, sondern oft hibbelig oder launisch. Viele Eltern kämpfen daher einen all-abendlichen Kampf, bis die Kinder endlich ausgepowert sind. Waldkinder haben das Problem nicht, denn sie haben sich tagsüber ausgetobt und müssen abends nichts mehr nachholen.

4. Die Motorik und Körperbeherrschung der Kinder entwickeln sich ganz hervorragend. Durch das Laufen auf unebenen Untergründen, über Wurzeln und Äste, auf rutschigem Laub oder Schnee, über Steine usw. werden die Kinder enorm trittsicher. Dadurch profitieren sie ihr gesamtes weiteres Leben, weil sie seltener stürzen oder stolpern. Und falls doch, haben sie sehr gute Reflexe und fallen meistens “richtig”, also fangen sich ab ohne sich zu verletzen.

5. Die Kinder lernen viel über die Natur und alles, was dazugehört, also Pflanzen, Tiere, Wetter, Jahreszeiten, naturverbundene Berufe etc. Die meisten Kinder bringen von sich aus bereits ein großes Interesse an der Natur mit. Die Erzieherinnen fördern dieses Interesse dann mit passenden Angeboten. Es werden dabei aber keine ideologisch gefärbten Weltbilder vermittelt, sondern wichtige Dinge erklärt, die jedes Kind wissen sollte, z.B. wie der Wasserkreislauf der Natur funktioniert.

Nachteile von Waldkindergärten

Ja, es gibt nicht nur Vorteile. Aber mir sind bisher nur 3 Nachteile aufgefallen:

1. Die Kosten für die Anfangsausstattung sind höher als in Indoor-Kindergärten, weil z.B. wasserdichte Schuhe und gute Regenkleidung beschafft werden müssen und ein kleiner Rucksack. Da sollte man auf Qualität achten und nicht am falschen Ende sparen. (Ich empfehle den Deuter Waldfuchs.) Das Gute ist, dass man die Sachen natürlich auch außerhalb vom Kindergarten nutzen kann, z.B. wenn man mit den Kindern wandern geht.

2. Die Betreuungszeiten sind kürzer, also nicht 8-16 Uhr, sondern in den meisten Waldkindergärten nur 8 – 13 Uhr. Das ist der einzige “echte” Nachteil, den Waldkindergärten meiner Meinung nach haben. Da die Zeit dort sehr intensiv ist, können weder Kinder noch Erzieherinnen einen ganzen Tag durchhalten. Deshalb ist mittags schon Schluss und die Kinder müssen abgeholt werden. Das macht es schwierig, wenn beide Elternteile voll berufstätig sind, aber mit Home Office oder Teilzeit ist es machbar. Dieser Zustand hat auch zur Folge, dass es in Waldkindergärten eher Familien mit überdurchschnittlichem Einkommen gibt, weil sie es sich leisten können, dass nicht beide Eltern Vollzeit arbeiten.

3. Man sollte die Kinder nach dem Kindergarten oder spätestens abends nach Zecken absuchen. Das ist leider nötig, weil der Biss von Zecken nicht schmerzhaft ist und ihn die Kinder nicht selbst bemerken würden. Die Kinder sollten natürlich gegen FSME geimpft sein, also die eine der beiden von Zecken übertragbaren Krankheiten. Die andere Krankheit ist die Borreliose. Dagegen gibt es keine Impfung, aber Medikamente. Trotzdem ist es besser, die Zecken zu finden und zu entfernen. Man kann mit 1-2 Zecken pro Jahr rechnen, also das hält sich echt in Grenzen.

Mein Fazit

Ich denke, dass Waldkindergärten für die allermeisten Kinder ein echter Gewinn sind und finde sehr gut, dass sich diese Form des Kindergartens inzwischen deutschlandweit etabliert hat. Die Vorteile überwiegen die Nachteile meiner Ansicht nach deutlich, lediglich die kurzen Betreuungszeiten können problematisch sein. Hier sind smarte Lösungen der Eltern gefragt, also z.B. Home Office oder flexible Arbeitszeitmodelle, die es ermöglichen, die Kinder bereits mittags abzuholen.

Falls du dich dafür interessierst, dein Kind in einem Waldkindergarten anzumelden, kannst du die Möglichkeit nutzen, einen Tag lang zu hospitieren. Dabei begleitest du mit deinem Kind die Kindergartengruppe und bekommst so ein sehr gutes Bild davon, wie der Alltag im Wald abläuft, bevor du dich entscheidest.

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